Montag, 31. August 2009

Faszination Technik - die Deltawerke
Eine Radtour in die Niederlande, 27.06. - 14.07.2009

Als wir das erste mal die Niederlande besuchten, wurden wir an die größte Naturkatastrophe dieses Landes erinnert. Es war die Sturmflut des Jahres 1953. In der Nacht vom 31. Januar zum 1. Februar brach eine Unzahl von Deichen, es starben 1853 Menschen und 200.000 Stück Vieh, 135.000 Hektar Land wurden überflutet und über 70.000 Menschen wurden obdachlos. Die Regierung reagierte schnell und beschloss den Bau eines Sturmflutabwehrsystems. Logischerweise erhielt es den Namen Deltawerke.
Bei jeder Radtour, die wir dorthin unternahmen stießen wir auf Bauwerke dieser Deltawerke und unser Interesse wurde immer größer, zumal sich eine faszinierende Technik hinter den einzelnen Sturmflutwehren verbarg. In diesem Jahr hatten wir eine Route ausgewählt, die uns an die größten Anlagen der Deltawerke führte. Teilnehmer waren Uta, Rudolf und Karl-Heinz. Der Umfang der Tour lässt nur einen Bericht in Stichworten zu.

27.06.: Holzminden - Nieheim, 44 km
Mit der Bahn sind wir von Dessau nach Holzminden gefahren.

28.06.: Nieheim - Spexard, 80 km
Natürlich besuchten wir im Teutoburger Wald die Externsteine.

29.06.: Spexard - Münster. 88 km
30.06.: Münster - Zwillbrock, 93 km

01.07.: Zwillbrock - Deventer, 81 km


02.07.: Deventer - Lelystad, 100 km

Dass wir schon hier auf das erste Sturmflutwehr stoßen würden wussten wir nicht, aber es brachte uns wieder nahe, dass hier laufend an Anlagen des Wasserbaus experimentiert wird

Wo der Ramsdiep ins Ketelmeer mündet, befindet sich das größte aufblasbare Sturmflutwehr, der Balgstuw Ramspol. Es besteht aus einem mit Kevlar verstärktem Gummihohlkörper, der flach auf dem Grund liegt und bei drohender Sturmflut mit Luft und Wasser gefüllt wird.

03.07.: Lelystad - Edam, 80 km

Heute stand die 31 km lange Fahrt über den Markerwaarddijk, der Markermeer und Ijsselmeer trennt, an. 1963 - 1976 wurde er gebaut und sollte der Landgewinnung dienen. Mittlerweile hat sich das Markermeer, durch seine Nähe zu Amsterdam, aber als Naherholungsgebiet entwickelt und es ist zweifelhaft, ob man jemals den Polder baut. Bevor wir den Deich befuhren, machten wir einen Abstecher nach Bataviastad.

Der Nachbau (1985-1995) der Galeone "Batavia". Das Original wurde 1628 in Amsterdam für die Niederländische Ostindien-Kompanie gebaut, 1629 ist sie etwa 60 km vor der australischen Westküste gesunken.

04.07.: Edam - Amsterdam - Zandvoort, 63 km

Zandvoort ist bekannt durch die Motorsportrennstrecke Circuit Park (bis 1985 Formel 1, seit 2001 DTM).

Amsterdam

05.07.: Zandvoort - Brielle, 86 km

Wir erreichten durch schöne Dünenlandschaft radelnd Westland, "De glazen Stad" (die gläserne Stadt), das größte Gewächshauskulturgebiet der Niederlande, wo die oft gescholtenen Tomaten und Gurken aus Holland, angebaut werden.
Zwischen Hoek van Holland und Maassluis freuten wir uns auf einen Höhepunkt, das zuletzt gebaute Maeslant-Sturmflutwehr.

Maeslantkering, 1991 bis 1997 errichtet. Bei normalem Wasserstand befinden sich die Tore in Trockendocks am Ufer des Nieuwe Waterweg. Die Schifffahrt kann dann ungehindert passieren. Bei einer drohenden Sturmflut werden die Docks geflutet. Dadurch schwimmen die Tore auf. Mit zwei überdimensionierten Fünf-Zylinder-Hydraulikmotoren werden die Tore in die Mitte des Nieuwe Waterweg bewegt. Dort werden sie geflutet und auf den Grund der Schifffahrtsstraße abgesenkt. Kurz vor der Bodenberührung entsteht eine starke Strömung zwischen den Toren und dem Grund, welche das Fundament von Ablagerungen und Schlick befreit. So schließen die Tore den 360 Meter breiten Nieuwe Waterweg ab. In der Mitte bleibt jedoch ein Spalt von 1,5 m, damit die Tore bei Sturm nicht aufeinander prallen. Die Schließung der Wasserstraße dauert genau 2½ Stunden und erfolgt dann, wenn bei Rotterdam ein Wasserstand von 3,00 Meter über dem Amsterdamer Pegel (NAP) erwartet wird. Gleichzeitig mit dem Maeslant- Sturmflutwehr wird das Hartelwehr bei Spijkenisse geschlossen. In der Nacht zum 9. November 2007 wurden die Wehre erstmals aufgrund einer drohenden Sturmflut geschlossen.

06.07.: Brielle - Middelburg, 89 km

Schnell führte uns der Nordseeradweg durch das Gebiet Voorne zum Haringsvliet über den Damm und die Schleusen.

Für den Haringvlietdam war 1958 Baubeginn und 1970 Eröffnung. Der Damm ist 5 km lang und 56 m breit, integriert sind 17 Schleusen von je 62 m Breite. Das Schleusensystem ist so konzipiert, dass das Flusswasser in die Nordsee abfließen kann, ohne dass zwingend Salzwasser in den Haringvliet dringet.
Nun ging es über die Insel Goeree-Overflakkee zum Springersdiep und Grevelingen um den Brouwersdamm zu besichtigen

Der Brouwersdamm wurde von 1962 bis 1971 gebaut. Die Länge beträgt 6 km. Der Damm bestand zunächst ohne Schleuse. 10 Jahre später wurde die Schleuse Brouwerssluis zur Regulierung des Wasserabflusses und des Gehaltes von Süß- und Salzwasser eingebaut, sie wurde am 1. Juni 1978 fertiggestellt. An der Dammküste zur Nordsee und dem Ufer vom Grevelingen bei Scharendijke wird viel getaucht und Kitesurfing betrieben.
Zum Schluss erwartete uns noch ein absoluter Höhepunkt und zwar das berühmte Oosterschelde-Sturmflutwehr. Allerdings war das Wetter mittlerweile sehr durchwachsen, was jedoch dem Interesse daran keinen Abbruch tat.


Ursprünglich sollte die Oosterschelde auch mit einem Abschlussdeich von der Nordsee getrennt werden. Dadurch wäre die Oosterschelde aber auch von den Gezeiten getrennt worden und das Süßwasser hätte das Salzwasser verdrängt, was sich negativ auf Flora und Fauna, sowie auf die Muschel- und Austernzucht bei Yerseke ausgewirkt hätte. Nachdem bereits fünf Kilometer Deich gebaut worden waren, bewirkten Proteste, dass auf den restlichen 4 km ein Sturmflutwehr gebaut wurde. Das Wehr besteht aus 62 Tafelschützen, die 42 m breit sind und eine Höhe zwischen 5,90 m und 11,90 m haben. Es ist ständig geöffnet und wird nur bei drohenden Sturmfluten hydraulisch geschlossen. Die Schütze können innerhalb einer Stunde geschlossen werden. Das Oosterschelde-Sturmflutwehr wurde am 4. Oktober 1986 seiner Bestimmung übergeben.

07.07.: Middelburg - Rilland, 76 km

Das, worauf wir uns am meisten vorbereitet hatten, war besichtigt worden und unsere Begeisterung hielt noch immer an. Das Wetter hatte sich weiter verschlechtert und so tat es uns auch nicht leid, den Heimweg anzutreten. Wir fuhren am Nordufer der Westerschelde entlang und durch eintönige Poldergebiete, ab und zu durch Deichbauarbeiten zu Umwegen gezwungen.

08.07.: Rilland - Alphen, 83 km

09.07.: Alphen - Asten, 77 km
10.07.: Asten - Neukirchen (-Vluyn), 95 km

11.07.: Neukirchen - Hattingen, 81 km

Von Duisburg aus benutzten wir den Ruhrtalradweg. Für uns war es allerdings gewöhnungsbedürftig fast nur durch nahtlos ineinander übergehende Städte zu radeln.


12.07.: Hattingen - Neheim, 91 km


13.07.: Neheim - Meschede, 43 km

Langsam mussten wir uns entscheiden. Hinauf zur Ruhrquelle ins Rothaargebirge wollten wir nicht, denn das hatten wir schon zu Fuß durchwandert. Wir hatten aber auch keine Lust uns mit dem Rad in anderen Bergen des Sauerlandes herumzuquälen. So machten wir kurzen Prozess und fuhren mit dem Zug nach Warburg.

14.07.: Warburg - Holzminden, 82 km
So lernten wir noch ein Stück des Diemelradweges kennen. Als wir in Bad Karlshafen die Weser erreichten, gab es kein Halten mehr, wir wollten nun nach Hause. Obwohl unsere Etappen recht kurz waren, sind wir in der Summe 1432 km gefahren.